Kein Ort? Niemals? Die Entwicklung des Sozialismus von der Wissenschaft zur Utopie

23.03.2016, Prof. Dr. phil Christoph Meyer

Erster in einer Reihe von 16 Vortragenden der
3. Öffentlichen Ringvorlesung an der Hochschule Mittweida:
der Historiker Prof. Dr. phil. Christoph Meyer

Am  Mittwoch, den 23. März 2016 startete die nach 2012 und 2014 inzwischen 3. Öffentliche Ringvorlesung der Hochschule Mittweida. In 15 Vorlesungen werden in diesem Sommersemester insgesamt 16 Referentinnen und Referenten der Hochschule und von außerhalb unter dem Oberthema "Konkrete Utopien - auf der Suche nach dem besseren Leben" zum Nachdenken und zum Dialog anregen. 

 

 

Sozialismus: Von der Wissenschaft zur Utopie

Den Auftakt zur Vorlesungsreihe machte Professor Christoph Meyer, Historiker an der Fakultät Soziale Arbeit der Hochschule Mittweida, mit seinem Vortrag  "Kein Ort? Niemals? Die Entwicklung des Sozialismus von der Wissenschaft zur Utopie". 
Der älteren Generation kommt bei der Thematik gesellschaftlicher Utopien wohl sofort der "Wissenschaftliche Sozialismus" in den Sinn. Der Marxismus, später der Marxismus-Leninismus, hat als gesellschaftliche Großutopie Generationen des 19. und 20. Jahrhunderts nicht nur politisch und ideologisch infiziert und verführt, sondern deren Leben in einer gelebten aber unlebbaren Real-Utopie, zum Beispiel in der DDR, geprägt, bestimmt und manchmal auch begraben. Christoph Meyer führte die Zuhörer an den Anfang dieser Utopie, die ja gerade keine unbegründete Utopie sein wollte. So leitete sich der marxsche Gesellschaftsentwurf wissenschaftlich aus der Analyse der bürgerlichen Gesellschaft ab. Diese "Wissenschaftlichkeit" wurde durch ihre zunehmende Ideologisierung immer mehr pervertiert und war am Ende nicht mehr als ein religiös aufgeladener Glauben an den "Sieg des Sozialismus".

Die halbstünige Diskussion am Ende der Vorlesung war vor allem durch die studentischen Zuhörer in der Jetztzeit angekommen. Sie spitzte sich auf die Frage zu, wie viel Utopie wir heute brauchen und welcher Mut oder auch wie viel Naivität dazu gehört, Utopien zu haben und zu leben. Meyer machte deutlich, dass unsere gegenwärtige Gesellschaft ohne Utopie ein trostloser Ort wäre - aber auch ein furchtbarer, wenn Utopie mit Wahrheit verwechselt werden würde.