Kinder nach Maß - neue Möglichkeiten der Fortpflanzungsmedizin

27.04.2016, Prof. Dr. Christina Niedermeier und Prof. Dr. Röbbe Wünschiers

Unter dem Titel „Kinder nach Maß - neue Möglichkeiten der Fortpflanzungsmedizin“ ging die Ringvorlesung „Konkrete Utopien“ in die sechste Runde. Diesmal – ein Novum – referierten mit Christina Niedermeier und Röbbe Wünschiers gleich zwei Wissenschaftler, beide Professoren an der Hochschule Mittweida. Die Juristin aus der Fakultät Soziale Arbeit und der Biochemiker und Molekularbiologe aus der Fakultät Angewandte Computer‐ und Biowissenschaften öffneten unterschiedliche Perspektiven auf die Möglichkeiten, aber auch auf die Grenzen der Fortpflanzungsmedizin. Dabei zeigte sich vor allem, dass das Recht den naturwissenschaftlich-technischen Möglichkeiten vielmals hinterherhinkt.

So haben die gesetzlichen Krankenkassen das traditionelle Familienbild einer heterosexuellen Paarbeziehung vor Augen. Auch die Präimplantationsdiagnostik ist in Deutschland grundsätzlich strafbar. Ausnahmen gibt es nur bei einer einschlägigen Veranlagung von Mann oder Frau. Christina Niedermeier zweifelte daran, dass solche und andere Verbote sinnvoll und zielführend sind, mit denen der Gesetzgeber aber bisher auf entsprechende Fragen antwortet.

Röbbe Wünschiers machte klar, dass bei der Frage nach den „Wunschkindern“ Eugenik und die Züchtung von Menschen nicht nur mitschwingen, sondern den Kern des Diskurses ausmachen. Doch was ist wirklich technisch möglich? Auch wenn neue Verfahren, wie das Crispr-Cas9-System (Clustered Regularly Interspaced Short Palindromic Repeats) ein Editieren des Erbguts ermöglichen, so sind komplexe Konzepte, wie beispielsweise menschliche Intelligenz, weder einfach zu definieren, noch biotechnologisch umzusetzen.

Beide Wissenschaftler waren sich einig darin, dass die rechtlichen Einschätzungen zu einer „Produkthaftigkeit“ von menschlichem Leben führen könnten. Wenn man sich ausmalt, was der kapitalistische Markt eventuell aus den technischen Möglichkeiten macht, dann wären wir bei dem umgekehrten Konzept als dem der Ringvorlesung – der „unkonkreten Dystopie“.

Dem Vortrag der Mittweidaer Professoren folgte die vielleicht lebhafteste Diskussion der bisherigen Ringvorlesungen, die sicher auch noch länger hätte fortgeführt werden könnte.