Einzelkämpfer - Brückenidentitäten zum Extremismus?

Sonntag 20. Mai 2018, 13:21

Rückblick Ringvorlesung: Brückenidentitäten als Weg in den Extremismus.

Der rappende Einzelkämpfer als Brückenidentität

Das Spielen mit antisemitischen Voreingenommenheiten und die egomanischen Posen der umstrittenen Echo-Preisträger Farid Bang und Kollegah waren fast eine Steilvorlage für das, was die Psychoanalytikerin Prof. Dr. Angelika Ebrecht-Laermann vergangenen Mittwochabend in ihrem Beitrag zur Ringvorlesung „Das Böse ist überall?“ als „Brückenidentität“ bezeichnete.

Die Referentin hat sich intensiv mit der Kunstform des Gangsta-Raps beschäftigt und versucht, Verbindungen zu bisherigen Ergebnissen aus der Arbeit mit inhaftierten Radikalisierten und den Erfahrungen mit dem salafistischen Extremismus zu ziehen.

Erbrecht-Laermann ist bei ihrer Forschung auf die subkulturelle Kunstfigur des „Einzelkämpfers“ gestoßen, der in vielen Rap-Songs besungen und zelebriert wird. Von dort ergebe sich eine Art Brücke zu realen biografischen Verläufen in Karrieren von Radikalisierten.

Sie verwiesen auf eine innerseelische Verarbeitung von sozialen Randexistenzen, die in selbstverliebte Kränkungserfahrungen und aggressive Selbst-Heroisierung münden können.

Aufschlussreich und erschreckend waren die Parallelen, die die Referentin zur "Ästhetik" des "Islamischen Staats" (IS) aufzeigen konnte – zur „Umma“, im Islam die Bezeichnung für Gesellschaft, als kollektivem Identitätsprojekt eines weltumspannenden Gottestaates.

Nach Ebrecht-Laermann werde dort ein überhöhender Gewaltexzess zelebriert, der bei jenen beginnt, die ihren inneren Krieg auf ein äußeres Böses, beispielsweise die westliche Welt, projizieren.
Die „Brückenidentität“ des rappenden Einzelkämpfers könne hier als psychodynamischer Brandbeschleuniger wirken, indem er Radikalisierungen in Gang setzen könne - jedoch nicht muss, wie in der anschließenden Debatte angeregt diskutiert wurde.

Es sprach:

Prof. Dr. phil. Angelika Ebrecht-Laermann

Angelika Ebrecht studierte Germanistik, Politikwissenschaft und Psychologie an der FU Berlin. Heute ist sie als Psychologische Psychotherapeutin und Psychologische Gutachterin tätig. Arbeitsschwerpunkte: Theoriegeschichte, Psychoanalyse, Politische Psychologie, Feministische Theorie, Kulturelle Anthropologie.

Bitte beachten: Diese Vorlesung wurde nicht live übertragen und nicht aufgezeichnet.